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Thursday, December 24, 2015

Ich bin so groß wie Gott, er ist als ich so klein (Angelus Silesius)

(source: Kulturwerk Schlesien)
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Soy tan grande como Dios, él es tan pequeño como me
...
Yo mismo soy la Eternidad cuando deje el tiempo
Y resumir mi mismo en Dios y Dios en mí
El tiempo es como la eternidad y la eternidad como el tiempo
...


Ich bin so groß wie Gott, er ist als ich so klein
Er kann nicht über mich, ich unter ihm nicht sein

Ich selbst bin Ewigkeit, wenn ich die Zeit verlasse
Und mich in Gott und Gott in mich zusammenfasse

Zeit ist wie Ewigkeit und Ewigkeit wie Zeit
So du nur selber nicht machst einen Unterscheid

Ich sage, weil allein der Tod mich machet frei
Daß er das beste Ding aus allen Dingen sei

Gott ist dir worden Mensch; wirst du nicht wieder Gott
So schmähst du die Geburt und höhnest seinen Tod

O hohe Würdigung! Gott springt von seinem Thron
Und setztet mich darauf in seinem lieben Sohn

Halt an, wo laufst du hin, der Himmel ist in dir
Suchst du Gott anderswo, du fehlst ihn für und für

Ich trage Gottes Bild: wenn er sich will besehen
So kann es nur in mir, und wer mir gleicht, geschehn

Der Himmel ist in dir und auch der Hölle Qual
Was du erkiest und willst, das hast du überall

Ich weiß, daß ohne mich Gott nicht ein Nu kann leben
Werde ich zunicht, er muß von Not den Geist aufgeben

Die Ros' ist ohn' Warum; sie blühet, weil sie blühet
Sie acht' nicht ihrer selbst, fragt nicht, ob man sie siehet

Mensch, wirst du nicht ein Kind, so gehst du nimmer ein
Wo Gottes Kinder sind; die Tür ist gar zu klein

Ich bin so reich als Gott, es kann kein Stäublein sein
Das ich - Mensch, glaube mir! - mit ihm nicht habe gemein

Die Lieb' ist unser Gott; es lebet all's durch Liebe
Wie selig wär' ein Mensch, der stets in ihr verbliebe

Wer ist, als wär er nicht und wär' er nie geworden
Der ist, o Seligkeit, zu lauter Gotte worden

Die Ros, welche hier dein äuß'res Auge sieht
Die hat von Ewigkeit in Gott also geblüht

Je mehr du dich aus dir kannst austun und entgießen
Je mehr muß Gott in dich mit seiner Gottheit fließen

Mensch, werde wesentlich! Denn wenn die Welt vergeht
So fällt der Zufall weg; das Wesen, das besteht

Ein wesentlicher Mensch ist wie die Ewigkeit
Die unverändert bleibt von aller Äußerheit

Wer über Berg und Tal und dem Gewölke sitzt
Der achtet's nicht ein Haar, wenn's donnert, kracht und blitzt

Mensch, liebst du Gott, den Herrn, und suchest Lohn dabei
So schmeckest du noch nicht, was Lieb' und lieben sei

Mensch, willst und liebst du nichts, so willst und liebst du wohl
Wer gleich liebt, was er will, liebt doch nicht, was er soll

Es muß gekreuzigt sein, Freund, wer in jener Welt will lauter Rosen brechen
Den müssen vor all hier die Dornen g'nugsam stechen

Blüh auf, gefror'ner Christ, der Mai dist vor der Tür
Du bleibest ewig tot, blühst du nicht jetzt und hier

Halt deinen Leib in Ehr'n; er ist ein edler Schrein
In dem das Bildnis Gott's soll aufbehalten sein

Der höchste Friede, den die Seele kann genießen
Ist, sich aufs möglichst' eins mit Gottes Willen wissen

Nichts ander's stürzet dich in Höllenschlund hinein
Als das verhaßte Wort - merk's wohl! - das Mein und Dein

Der nächste Weg zu Gott ist durch der Liebe Tür
Der Weg der Wissenschaft bringt dich gar langsam für

Viel haben macht nicht reich. Der ist ein reicher Mann
Der alles, was er hat, ohn' Leid verlieren kann

Christ, bist du nicht ein Narr? Du glaubst die Ewigkeit
Und hängst mit Leib und Seel' verblendet an der Zeit




(Angelus Silesius)

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